Übersichtsartikel Praxis 2005; 94: 1555–1560
Vizepräsident der Eidgenössischen Kommission für Alkoholfragen, Forel Klinik, Ellikon1Psychiatrische Universitätsklinik Zürich2
1Th. Meyer, 2R. Stohler Der ambulante Alkoholentzug Outpatient Alcohol Withdrawal Zusammenfassung
lung eine Hierarchie der Dringlichkeit je-
weiliger Therapieziele zu beachten. Diese
reichen von der Sicherung des Überlebens,
heitseinsicht und Motivation zur Verände-
leitlinien publiziert wurden [6]. Dennoch
fällt auf, dass die Indikation zur ambulan-
der Entgiftung sind v.a. die Sicherung des
Schlüsselwörter: Ambulanter Alkohol-
ten Entzugsbehandlung viel zurückhalten-
Überlebens, die Stabilisierung des oft be-
entzug – Alkoholabhängigkeit – Alko-
kungen und – falls im Hinblick auf eine
langdauernde Stabilisierung nötig – das
Erreichen einer (ersten) abstinenten Phase.
Einleitung
Alkoholentzugs nach den derzeit gültigen
Bis Ende der 80er Jahre des letzten Jahr-
Kenntnissen dargestellt werden, wobei ei-
ne mittlere Position, die Indikationsstel-
Raum ein Konsens darüber, dass der Alko-
nicht ambulant durchgeführt werden dürfe
Ziele des ambulanten
[1]. Nur im stationären internistischen oder
psychiatrischen Bereich sei genügend Si-
hinaus, sind oft belastend und führen oh-
Grundversorger mit hausärztlicher Praxis
ist häufig nur ein Element in einer ganzen
dem fast ultimativen Wunsch von alko-hol-
nen ausserdem Motivationsarbeit für wei-
tere therapeutische Schritte, die ambulante
durchführen zu wollen [2]. Die Alternative
genannt), falls notwendig die soziale Re-
● Eventuell vorliegende andere psychische
habilitation und schliesslich die langfris-
Störungen treten oft erst unter Abstinenz
kannten körperlichen, psychischen und so-
tige Stabilisierung gehören. Da es sich bei
zialen Folgen [3]. Entsprechend hat sich in
nisch-rezidivierende Störung mit fluktuie-
Allein schon aus diesen Gründen ist eine
xis des ambulanten Entzugs etabliert; bis
fristige Stabilisierung in der Regel nur in
schluss der Entzugsbehandlung nötig.
2005 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
Übersichtsartikel Praxis 2005; 94: 1555–1560
Ärztliche Grundversorger sollten sich des-
leicht zu treffen. Schwierig sind – wie
rekter Durchführung eines ambulanten Al-
überall – Grenzfälle. Hier kann Tabelle 1,
Anfangsdiagnostik
Zur Risikoeinschätzung eignet sich z. B. Indikation und Kontraindi-
● Körperliche Untersuchung (auch neuro-
kation für den ambulanten
Viele Patienten mit lange dauernden ernst-
Diagnostik
ne Abhängigkeit und leiden auch nicht un-
● Rating der Entzugserscheinungen (z.B.
zugs setzt eine Eingangsdiagnostik und im
de Gruppe ist nur schwach oder mässig ab-
weiteren Verlauf ein Monitoring voraus.
Dabei ist unbedingt zu beachten, dass Stö-
pharmakologische Intervention erfordert.
gen oder zumindest beschönigt werden.
Eine dritte Gruppe schliesslich wird unter
einträchtigt, aber nur eine kleine Minder-
sie sich. Von ärztlicher Seite deutlich zum
Verlaufskontrolle (täglich)
heit ist vital gefährdet und auf eine statio-
Trinken aufhören zu können, aber keinen
nicht als selbstverständlich vorausgesetzt
wird) beeinflussen nicht nur den Erfolg ei-
Verlaufskontrolle (nach einer
rung entwickelt haben, sollten überzeugt
für den ganzen Therapieverlauf entschei-
dend sein [10]. Wenn möglich sollte eine
sie selbst in der Lage sind, an ihrem Trink-
Vertrauensperson, z. B. ein Ehepartner, mit
verhalten etwas zu verändern, anderseits
um tendenziell invalidisierende, stigmati-
● Gamma-GT, CDT, Kontrolle aller patho-
zu vermeiden [7]. Meist ist ein Entscheid
vielfach nützlich. Auch einige Laborunter-
Mittelfristige Verlaufskontrolle (i.d.R. in monatlichen Abständen) ● Gamma-GT, CDT, MCV Tab. 1: Voraussetzungen und Kontraindikationen für den ambulanten Entzug
Voraussetzungen für den ambulanten Entzug
Kontraindikationen für den ambulanten Entzug
Das Entzugssyndrom
• Zu erwartendes schweres Entzugssyndrom
• Bereitschaft zur Einhaltung des Therapieplans
(z.B. anamnestisch bekannter Krampfanfall
se in drei sich gegenseitig überlappende
• Stabiles und stützendes soziales Umfeld,
• Akute körperliche Erkrankung, v.a. wenn sie mit
Phasen aufgegliedert [15] (s. Tab. 2). Dabei
ev. mit Bezugsperson, die in die Behandlung
dem Risiko von Elektrolytentgleisungen verbun-
sei darauf hingewiesen, dass sich die dritte
den ist (speziell bei schwerem Erbrechen)
Phase erst ab der zweiten bis dritten Woche
• Bereits vorliegende schwere Entzugssymptome,
nach Trinkstopp etabliert und bis zirka 3
• Begleitmedikation mit krampfschwellensenken-
sentlich, die engmaschige ärztliche Betreu-
• Suizidalität (kann im Entzug dramatisch
ung auch nach Abschluss der ersten beiden
Phasen nach zirka einer Woche aufrecht zu
erhalten, da andernfalls das Rückfallrisiko
Übersichtsartikel Praxis 2005; 94: 1555–1560 Tab. 2: Phasen und Symptome des Alkoholentzugssyndroms [27]
● Die Möglichkeit von Atemluftkontrollen
● Das geplante Procedere sollte wenn im-
● Es bewährt sich, mit dem Alkoholentzug
• Schwitzen, Zittern, Herzklopfen, Verstopfung
kann eine Häufung von Komplikationenund Notfalleinsätzen am Wochenende
Diese protrahierte Entzugsperiode ist be-
Die Durchführung des
handlungsbedürftig und beruht u.a. auf fol-
ambulanten Entzugs Kontrollen Voraussetzungen und Rahmen- bedingungen
der hausärztlichen Praxis erfüllt sein, damit
● Atemluftkontrolle: Mit der Atemluftkon-
führt werden kann und darf. Dazu gehören:
weise ausgeschlossen werden. Völlige Si-
cherheit ist allerdings nicht gegeben, da
● Möglichkeit, therapeutische Gespräche
● Es besteht während Wochen eine erhöh-
● Die Normalisierung pathologischer La-
ren, da in Bälde mit der Einführung eines
tion des Patienten zur Einleitung weiter-
● Zirka 2 Wochen nach Alkoholentzug be-
ginnt sich ein erhöhter systolischer Blut-
kann [28]. Dieser Marker soll 12–50 Stun-
den nach Alkoholkonsum positiv sein).
● Möglichkeit zu Hausbesuchen für den
dass dieser sich nicht mehr in die Praxis
● Kontrolle und Rating der Entzugssympto-
● Kontakt des Hausarztes zu einer verläss-
me: Am besten wird dafür die AES-Ska-
la eingesetzt. Die standardisierte Erfas-
se Bezugsperson sollte über die getroffe-
● Bei später rückfälligen Patienten ist ge-
wendig, eventuell aber auch für den Ent-
chen und den Patienten in einen stationä-
Übersichtsartikel Praxis 2005; 94: 1555–1560 Medikation Tab. 3: Wirkungsspektrum der im Alkoholentzug hauptsächlich eingesetzten Medikamente
der hausärztlichen Praxis engere Grenzengesetzt als im stationären Rahmen. Gründe
dafür sind die geringere Compliance, die
das höhere Risiko für intermittierenden Al-
bemanagement. Derzeit stehen für den am-bulanten Alkoholentzug folgende Medika-mente (und deren Verwandte) im Vorder-grund [5] (Tabelle 3).
schädigung, Korsakow-Psychose) führen.
Im Gegensatz zum stationären Entzug eig-
ring sein. Da Tiaprid selbst keine antikon-
bination mit Carbamazepin empfohlen.
Wochen darüber hinaus zu empfehlen [32].
wenig untersucht, eröffnet aber eine viel-
Zusammenfassende
(v.a. bronchiale Hypersekretion, d.h. abso-
versprechende Perspektive. In der Schweiz
Bemerkungen
ist Tiaprid derzeit für den Alkoholentzug
Die ambulante Entgiftung stellt häufig ei-
Alkoholabhängige Patienten zeigen oft ein
ne gute Alternative zur stationären Entgif-
lichem Risiko und potentieller Letalität
ihres erheblichen Abhängigkeitspotentials
handeln kann, sollten im Zweifelsfalle die
die Benzodiazepine empfohlen. Dem Ab-hängigkeitsrisiko kann durch eine täglicheDosisanpassung und Abgabe von Tages-
Key messages
portionen weitgehend begegnet werden. Carbamazepin wird ebenfalls als Entzugs-
● Ein anamnestisch bekannter Krampfanfall und/oder ein Delir sind Kontraindika-
● Die Suizidalität kann im Rahmen des Entzuges oft überraschend zunehmen. Sui-
zidalität ist deshalb ebenfalls eine Kontraindikation für den ambulanten Entzug.
● Der ambulante Alkoholentzug ist für den Hausarzt zeitaufwändig wegen der tägli-
chen Kontrollen während der eigentlichen Entzugsphase, aber auch wegen der Not-
wendigkeit der engmaschigen Weiterbetreuung in der Postalkoholentzugsphase.
schrittener Lebererkrankung ist sein Meta-
● Die Medikamentengruppe der Wahl beim ambulanten Alkoholentzug sind die
darauf, dass durch die Verabreichung vonCarbamazepin die Zeit der Arbeitsunfähig-
Lernfragen
1. Mit welchem Untersuchunginstrument kann die Risikoeinschätzung beim ambu-
kann [29], was vermutlich auf den weniger
In jüngster Zeit wird die Kombination von
Carbamazepin mit Tiaprid vorgeschlagen[30, 31]. Bei Tiaprid handelt es sich um ein
2. Welche Aussage über Clomethiazol (Distraneurin®) ist falsch?
a) Clomethiazol kann zu einer bronchialen Hypersekretion führen.
b) Clomethiazol kann mit Alkohol einen additiven Effekt haben.
c) Clomethiazol hat eine grosse therapeutische Breite.
d) Clomethiazol hat ein Abhängigkeitspotenzial. Übersichtsartikel Praxis 2005; 94: 1555–1560 Résumé Bibliographie
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lique ambulatoire. Il s’intéresse particu-
oft sprengt, aber auch wegen der hohen Be-
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lität der Versorgung alkohol- und medikamenten-
spezielle Kenntnisse erleichtert wird, und
abhängiger Menschen. Bonn: Psychiatrie Verlag;
wegen der häufig multidisziplinären Fra-
gestellung, wäre es wünschenswert, dass
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von Seiten der institutionellen Psychiatrie
labhängige - Domäne der Psychiatrie oder der In-
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tungs-)stellen entsprechende Hilfestellun-
Mots-clés: sevrage alcoolique ambula-
und medikamentenabhängiger Menschen. Bonn:
gen für die niedergelassene Ärzteschaft be-
toire – dépendance à l’alcool – traite-
Psychiatrie Verlag; 1992. p.221-237.
reitgestellt würden. Diese könnten ambu-
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eHIVQUAL Manual Data Collection Form ADOLESCENT (13-24 years old) PATIENT PROFILE All Indicators Note: To ensure that you only need to refer to each patient's medical chart once, please make sure to answer all of the applicable follow-up questions on this form. NB: ALL REVIEWS FOR SUBMISSION TO THE AIDS INSTITUTE RUN FROM JANUARY 1ST THROUGH DECEMBER 31ST 1. PATIENT
Chronic Obstructive Pulmonary Disease Chronic obstructive pulmonary disease (COPD) is an umbrella term for people with chronic bronchitis , emphysema , or both. With COPD the airflow to the lungs is restricted (obstructed). COPD is usually caused by smoking . Symptoms include cough and breathlessness. The most important treatment is to stop smoking. Inhalers are commonly used to ease s